Es war ziemlich ruhig am Samstag im Stadion Essen, was zunächst einmal nicht verwunderlich ist. Schließlich war das Spiel nicht gerade attraktiv und gefühlt ist die Saison für viele Fans sowieso schon vorbei. Dass aber auch die Ultras auf Support verzichteten, war schon etwas überraschend. Ab der 20. Minute nahmen sie auch noch ihre Fahnen an der Westtribüne ab und hängten dafür eine einzige neue auf. "Speziale libero" stand darauf geschrieben. Dann riefen sie "All cops are bastards" und verließen geschlossen das Stadion. Zurück blieben einige fragende Gesichter.
Dass sich vielen nicht direkt erschloss, was dort vor sich ging, überrascht nicht. Denn die Erklärung findet sich in Italien. "Speziale Libero" zunächst heißt auf deutsch nichts anderes als "Lasst Speziale frei". Antonio Speziale ist ein Fußball-Fan aus Catania, der seit 2010 im Gefängnis sitzt. Er war im Jahr 2007 an Krawallen während der Partie Catania gegen Palermo beteiligt bei denen ein Polizist zu Tode kam. Speziale soll den Ordnungshüter mit der Verkleidung eines Waschbeckens beworfen haben. Er wurde wegen Totschlags zu einer 14-jährigen Haftstrafe verurteilt. Das Urteil ist umstritten, viele Beobachter haben Zweifel an Speziales Schuld. Er selbst beteuert nach wie vor, dass er zwar den Wurf getätigt, aber niemanden getroffen habe.
In der vergangenen Woche wurde das Thema wieder aktuell. Beim italienischen Pokalfinale zwischen dem SSC Neapel und dem AC Florenz kam es zu Ausschreitungen. Der Anführer der Neapolitaner Ultras, der an diesem Tag ein T-Shirt mit der Aufschrift "Speziale Libero" trug, erhielt ein fünfjähriges Stadionverbot. Einige Ultragruppen in Europa zeigten sich am Wochenende solidarisch. Unter anderem auch die Essener.